Samstag, 25. September 2010

Uni mal anders

Am Dienstag stand wieder der schwedische Sport-/Kultur-/Freizeitkurs auf dem Plan. Nachdem wir in der letzten Stunde viele verschiedene Ballsportarten und neue Spiele kennen gelernt hatten, war heute etwas völlig anderes an der Reihe. Die Stunde wurde von schwedischen Studenten gehalten, die selbst einmal Lehrer werden wollen.

Kleine Anmerkung am Rande: ein Lehrer bekommt hier nach 30 Jahren Beruf ca. 1200 Euro/Monat – ein Friseur verdient mehr...

Der erste Teil der Stunde war für Vertrauensübungen und Teambildungsmaßnahmen reserviert. Bei der ersten Übung hieß es also sich in Dreiergrüppchen aufzustellen, einer schliesst die Augen und lässt sich abwechselnd ein wenig nach vorn und nach hinten fallen und wird (hoffentlich) von den anderen abgefangen und zurück in die Ausgangsposition gebracht. Klar, kein Problem, wir kennen uns ja alle auch schon vier Wochen...
Nachdem bei sämtlichen Teilnehmern das Vertrauen nicht enttäuscht wurde, hatten die Studenten verschiedene Teamübungen vorbereitet. Welche genau, wird an dieser Stelle nicht verraten, nur soviel: die Partyunterhaltung für die nächsten Jahr ist gesichert.
Zum Abschluss haben wir die "menschliche Brücke" errichtet. Ein Team ist die Brücke, das andere wandelt engelsgleich hinüber und dann wird getauscht. Angesichts der doch recht unterschiedlichen Gewichtsklassen (Asiatinnen ca 35 Kg , unser norwegischer Gewichthebermeister Thor Emil gefühlte 150 kg) war das eine ziemlich anspruchsvolle Aufgabe.



So weit so gut, wir waren gespannt auf den zweiten Teil der Stunde. Dieser fand am 200 m entfernten See statt. Schon aus der Entfernung war Rauch zu sehen und ich hatte eine leise Ahnung was nun folgen sollte. Zwei Schweden erklärten uns einen typischen Campingkocher, gaben uns Messer, Reis, Karotten und auf gings in eine der schönsten Stunden meiner gesamten Unilaufbahn.
Es galt den Kocher zusammen zu bauen, das Gemüse möglichst klein zu schneiden, das Feuer zu entfachen und Wasser aus dem See zu holen um den Reis zu kochen. Das Gemüse wurde an drei Feuerstellen gebraten, diese Aufgabe wurde sofort von den Asiaten übernommen – ein Schelm wer da an die Asia-Imbissbuden denkt ;)
Gereicht wurde das köstliche Mahl in einem Fladenbrot, sehr einfach, sehr lecker, sehr schwedisch.
Wenn Punkte sammeln nur immer so unterhaltsam wäre.






Der heutige Tag begann mit Sonnenschein und einem leichten, na sagen wir mal Schwindelgefühl gegen 12.30 Uhr. Mike und ich beschlossen die Sonne und den blauen Himmel auf der Brücke am See zu geniessen. Wir saßen also da, liessen Seele und Füße baumeln und lauschten der Stille.




Nach einer Weile fuhren zwei junge Damen mit Angelruten bewaffnet in einem Kanu vorbei. Interessant, hier gehen scheinbar auch die Mädels angeln. Zehn Minuten später kamen sie zurück und fragten uns ob wir wissen wie man Kanu/Kayak fährt und ob sie es uns denn beibringen dürfen.
Mike und ich schauen uns ungläubig an und fragen uns ob das ernst gemeint ist. Johanna und Sara versichern uns, dass sie das sehr gern machen würden, wir müssen nur wollen. Ok, wieso auch nicht? Bei strahlendem Sonnenschein folgen wir ihnen zum Bootshaus der Uni. Hier bekommen wir Neoprenanzüge, Schwimmwesten, ein Kayak und ein Paddel und wissen immernoch nicht wie uns geschieht. Wer jetzt allerdings denkt, wir waren hübsch zwei Stunden paddeln, der liegt weit daneben.







Was jetzt folgte war eine unbezahlbare Einzeleinführung in die Welt des Kayaks. Wie steige ich ein ohne dass das sehr sehr wacklige Gefährt umkippt? Wie sitze ich gut ausbalanciert? Wie tauft man ein Kayak? Und na klar, man kann auch drin stehen! Dass der See momentan eine Temperatur von ca. 10°C hat, ist den nordischen Damen egal. Wir müssen schliesslich wissen wie man im Notfall das Boot verlässt, also zur Seite rollen und kopfüber ins Wasser. Spätestens an diesem Punkt war ich katerfrei und hatte einen Ausstoß an Glückshormonen wie er nicht alle Tage vorkommt. Es folgten einige Gleichgewichtsübungen die mal trocken und mal im Wasser endeten, Rettungsübungen und Wenden, denn auch dafür gibt es Tipps und Tricks.
Nach drei Stunden auf dem Wasser wird es doch etwas kalt und unsere Personaltrainer beschliessen den Unterricht für heute zu beenden. Erschöpft und überglücklich erreichen wir das Bootshaus und schlüpfen wieder in unsere warmen Sachen und sind um eine wundervolle Erfahrung reicher. Wir bedanken uns dass wir viele tolle Sachen gelernt haben, die Schwedinnen bedanken sich ihrerseits dass wir uns als Versuchskaninchen geopfert haben.
Erschöpft falle ich in mein Bett und schlafe selig ein, so richtig kann ich es immernoch nicht fassen. Vielleicht habe ich seit heute ein neues Hobby, ich werde mein Kayak auf jeden Fall wiedersehen.

In ein paar Minuten startet ein Abend bei ein paar französischen Freunden mit Wein und Karaoke und ich Goldkelchen darf da natürlich nicht fehlen.

Morgen Mittag findet die Einschreibung für eine Wochenenddampferfahrt statt, ein Wochenende, ein Dampfer, 500 Austauschstudenten...das ist natürlich begehrt. Daher sind die Einschreibeverhältnisse sehr gut vergleichbar mit denen für wichtige Lehrveranstaltungen an der Uni. Ich grüße an dieser Stelle alle die schonmal ab nachts 03.00 Uhr in kargen Fluren ihre Freizeit verbracht haben....


Geniesst das Wochenende,

euer Daniel

2 Kommentare:

  1. Euer Bootsevent erinnert mich stark an Herrmannswerder mit gefühlten Bewegungs-mm,-cm,-m?Aber die Rolle ist das Größte(Spaß)!Beim Lesen u. den Bilden blühte der Neid förmlich auf!Weiter so Captain Sparrow!
    :) Wer sonst?

    AntwortenLöschen
  2. hey du
    das liest sich so schön.... wann kommt denn die nächste geschichte?
    beste grüße aus der forststraße :-)

    AntwortenLöschen